Der Römerkanal in Sötenich


Der Römerkanal in der Gemarkung Sötenich.

 

(aus der Sötenich-Chronik Teil 1, bis 1900, von Georg May)

 

In der Gemarkung Sötenich ist die römische Eifelwasserleitung nach Köln in weiten Bereichen untertägig erhalten. Hinweise auf das Aussehen und den Erhaltungszustand geben einzelne Aufschlüsse. Südlich von Sötenich ist der “Römerkanal” durch das Kalksteinwerk abgetragen. Einzelne Teilstücke sind an verschiedenen Orten im Rheinland bzw. der Bundesrepublik Deutschland, sowie in einem Museum in Chicago (USA) aufgestellt worden.

An der Abbruchkante nördlich der Betriebsgebäude des ehemaligen Zementwerks ist der Kanalausbruch restauriert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden. In ihrem weiteren Verlauf nach Nordosten umbiegend sind in der östlichen Böschung eines Privatweges die Reste der Kanalsohle noch zu finden. Bei der Anlage eines Weges zu einem Gehöft wurde ein weiteres Teilstück freigelegt. Weitere Aufschlüsse sind aus Beobachtungen im Bereich der Gartenstraße bekannt. In der Baugrube eines Wohnhauses kamen zwei Aufschlüsse des Kanals zutage. In einem der beiden Profile wurde ein Teil des Gewölbes in der üblichen Bauausführung sichtbar, d. h. keilförmig zugeschlagene Haussteine in Mörtel über einem Lehrgerüst. In einem zweiten, leitungsabwärts gelegenen Profil wurde das gesamte Gewölbe mit dem oberen Teil der beiden Seitenwangen freigelegt.

 

Östlich des Sötenicher Sportplatzes wurde die römische Wasserleitung in einer Baugrube angeschnitten. In den beiden sich ergebenden Profilen waren im Kanal zwei übereinanderliegende wasserführende Leitungssohlen erkennbar, die nacheinander in Betrieb gewesen sein müssen. Dieser Befund legt die Vermutung nahe, dass an dieser Stelle Schwierigkeiten mit dem in der ersten Phase gebauten Gefälle aufgetreten waren. Möglicherweise hatte man versucht, einen aufgetretenen Rückstau durch eine zweite, höher liegende Sohle zu beseitigen. Auf einer 0,10-0,15 m starken Packlage aus Sandsteinen stand die gegen die Baugrube gegossene U-förmige Rinne. Die Bodenstärke betrug 0,20 m, die der Wangen 0,30-0,35 m bei einer Höhe der Innenseite von 0,78 m in der ersten Bauphase. Die Oberkanten der Wangen waren nach innen hin leicht abgeschrägt, um die Abdeckung in Form eines Gewölbes zu tragen. Der Gewölbeansatz war an der Bergseite noch teilweise erhalten. Die Rinne war innen mit einer 7-10 mm starken Schicht aus Opus signium verputzt. Die Schicht bedeckt den Boden und die Wangen völlig und zog an den Oberkanten beider Wangen noch 10 cm unter den Gewölbeansatz ein. Der Boden der Leitung war nur 2 cm stark versintert. In der Folge hatten sich auf der Sohle Sand und kleine Steine abgelagert. Diese Ablagerungsschicht von 4 cm Stärke wurde in einer zweiten Bauphase mit einem sandigen Gußbeton auf 13 cm aufgefüllt und mit einer zweiten, 1 cm starken Schicht aus Opus signium nach oben versiegelt. Auch diese Schicht versandete bei Benutzung der Leitung anscheinend sehr schnell, da sich keinerlei Kalksinterablagerung nachweisen ließ. Eine Sinterschicht von 3 cm Stärke lag erst auf einer 5 cm starken eingeschlämmten Sandschicht und zog den Wangen entlang bis zu einer Höhe von 0,75 m über der ersten Opus-signium-Schicht hoch.

 

Das zweite Profil in dieser Baugrube lag in Fließrichtung der Leitung 10,14 m entfernt in der gegenüberliegenden Baugrubenwand. Im Gegensatz zum ersten Profil war hier die Aufstockungsschicht 15 cm stark; auf die 1 cm starke Opus-signium-Schicht war kein weiterer Kalkputz aufgetragen. Der 3 cm dicke Sinter lag direkt auf der Wasserputzschicht. Der hier gemachte Befund verdeutlicht eines der lokalen Probleme. Ein Absteckfehler oder ein Absacken des Leitungskörpers verursachte genau im Scheitelpunkt des Sötenicher Bogens der Kanalstraße ein Höhenproblem.

 

Bei Straßenbauarbeiten nördlich des Sötenicher Sportplatzes wurde die Wasserleitung aufgeschnitten und die Reste der Sohle eingemessen.

 

Ein weiterer Aufschluß befindet sich im Bereich des Lierberges, bei dem die Gewölbeeindeckung eingestürzt ist. Nach Norden zu ist der Römerkanal dann im Wald als eine in den Hang eingearbeitete Trasse zu erkennen.

Die römische Wasserleitung nach Köln ist von ihrer Ausdehnung her das größte, in Teilen erhaltene Bodendenkmal nördlich der Alpen. Mit 95,4 km einfacher Trassenlänge zwischen den Quellen bei Nettersheim und der Stadtmauer der Colonia Ara Agrippinensium (CAA) gehört sie zu den längsten Aquädukten der Antike überhaupt. Zusammen mit den einzelnen Leitungssträngen ergibt sich eine Gesamtlänge von knapp 130 km. Ihr Ausbau erfolgte mit überwältigendem technischen Aufwand dort, wo es erforderlich war und von genialer Einfachheit, wo größerer Aufwand entbehrlich schien. Der Ausbau wird in die Mitte des 2. Jahrhunderts datiert; ihre Betriebszeit ist mit ca. 190 Jahren wissenschaftlich nachgewiesen.

 

Die römische Wasserleitung nach Köln ist in ihrer Gesamtheit, sowie in den obertägig sichtbaren einzelnen Aufschlüssen von überregionaler Bedeutung für die Geschichte der Menschen und Siedlungen. Sie erfüllt nach dem Denkmalschutz- Gesetz NRW die Voraussetzungen zum Eintrag in die Liste der geschützten Bodendenkmäler. Für die Erhaltung stehen wissenschaftliche und städtebauliche Gründe im Vordergrund. An ihrem Schutz besteht ein öffentliches Interesse.

 

Zustand / Erscheinungsbild

Aufschlüsse der Römischen Eifelwasserleitung finden sich im Bereich des Kalksteinwerks und des Lierberges. Bei Baumaßnahmen wurden immer wieder einzelne Bereiche angeschnitten und stellenweise transloziert.

 

Schutzmaßnahmen

Bodeneingriffe bedürfen im gesamten bezeichneten Schutzbereich nach Abstimmung mit dem Fachamt der vorherigen Genehmigung der Unteren Denkmalbehörde. Genehmigungspflichtig sind z.B. Baumaßnahmen mit Fundamentierung, das Ausheben von Gruben, Planieren, Überschütten, das Ausroden von Bäumen und eventuelles Wiederaufforsten der Fläche, das Umwandeln von Grünflächen in Ackerland.


Wissenswertes zum Römerkanal.

Vor über zweitausend Jahren hieß Köln "Colonia Claudia Ara Agrippinensis" und war die Hauptstadt der römischen Provinz Niedergermanien. Seine Gründer waren es aus ihrer Heimat Rom gewohnt, immer über frisches, wohlschmeckendes Wasser zu verfügen. Zu einer richtigen Stadt gehörte für die Römer ein eigenes Wasserversorgungs- und Abwassersystem. Das Wasser des Rheins entsprach offenbar nicht ihrem Geschmack, und so beschafften sie ihr Trinkwasser schon zu Anfang des ersten Jahrhunderts n.Chr. über eine Wasserleitung, die aus Quellen am Vorgebirgsrand westlich von Köln gespeist wurde.

 

Später bauten die Römer einen zweiten, viel längeren Wasserkanal, der zwei Jahrhunderte lang Quellwasser aus der Nordeifel nach Köln transportierte und etwa 95 Kilometer lang war. Er verlief vom Quellgebiet bei Sötenich in der Nordeifel (bei Kallmuth Urfey und Dreimühlen) zunächst in östliche Richtung, an Euskirchen vorbei, und knickte vor Meckenheim nach Norden ab. Über Brühl führte er nach Hürth, dort schließlich traf er auf jene älteren Leitungen aus dem Vorgebirge nach Köln.

 

Zwischen 260 und 280 vor Christus zerstörten die Germanen einige überirdisch verlaufende Teilstücke, so dass die Wasserleitung unbrauchbar wurde. Da aber der größte Teil der Leitung unterirdisch verlegt worden war, liegen noch heute lange Abschnitte des Römerkanals im Boden verborgen. Im Mittelalter vermuteten die Menschen, der Kanal habe einmal bis nach Trier geführt. Über den Zweck des monumentalen Bauwerks waren sie sich nicht ganz einig: Die einen dachten, die Römer hätten - in Abwandlung der Post mit Brieftauben - Enten durch den Kanal schwimmen lassen, um Nachrichten zwischen den beiden Städten zu überbringen. Die anderen vermuteten, in der Leitung sei gar kein Wasser, sondern Wein geflossen, der so von Trier nach Köln transportiert wurde.

 

Außer dass sie zu solchen Spekulationen anregten, boten die Überreste der Wasserleitung auch einen praktischen Nutzen: Die Steine, die die Römer benutzt hatten, waren selten und von weither beschafft worden und stellten daher einen wertvollen Rohstoff für den Bau verschiedener Kirchen, Klöster und Burgen des Rheinlandes dar. Etwa im Torturm der Rheinbacher Burg kann man noch heute leicht die Steine erkennen, die aus dem Römerkanal stammen. Besonders begehrt war der sogenannte Kalksinter, der sich während des jahrhundertelangen Betriebs im Inneren der Leitung abgesetzt hatte, denn bei diesem Stoff handelt es sich um nichts anderes als Marmor.

 

Der mittelalterliche Raubbau ist auch der Grund dafür, dass heute außer dem ein oder anderen Pfeiler nichts mehr auf die beiden langen Aquäduktbrücken über die Erft (550 Meter) und den Swistbach (1400 Meter) hinweist. Eine kleinere Brücke am oberen Verlauf der Leitung, die in der Eifel, bei Mechernich-Vussem den Veybach überquerte, wurde in den sechziger Jahren teilweise rekonstruiert.

 

Im Raum Mechernich sind noch weitere Überreste der Leitung zu besichtigen, zum Beispiel ein Sammelbecken, in welchem die Leitungsstränge aus Dreimühlen und Urfey/Kallmuth zusammengeführt wurden, sowie ein offengelegter Teil der Leitung, in dem eine Stufe und ein nachfolgendes Tosbecken zu sehen sind. Dieser Fund war 1980 der Beweis für die Theorie, dass die Römer ihre Leitungen in verschiedenen Teilabschnitten gebaut haben, an denen gleichzeitig gearbeitet wurde. Die römischen Landvermesser mußten also sehr präzise arbeiten, damit die Enden der einzelnen Stücke immer genau aufeinander trafen. Besonders wichitg war die exakte Einhaltung der vorgegebenen Höhe. Köln liegt etwa 30 Meter, das Quellgebiet gut 500 Meter hoch. Das natürliche Gefälle lieferte die physikalische Kraft, die das Wasser von den Quellen in die Stadt transportierte. Die Mechenicher Stufe ist ein Verbindungsstück zwischen zwei Bauteilen. Augenscheinlich waren die Bauarbeiter des oberen Teilstückes so vorsichtig, dass sein Ende schließlich etwa 40 Zentimeter höher lag als der Anschluß zum unteren Teilstück.

 

Bis auf kleinere Korrekturen, die durch solche Fehler nötig wurden, stellte der Kanal keine besonders hohen Anforderungen an die Baukunst der Römer - andernorts, etwa in der Türkei oder in Spanien, hatten sie bereits weitaus kompliziertere Druckwasserleitungen errichtet.
Die Kölner Leitung wurde, sobald beide Versorgungsstränge im Westen der Stadt aufeinander getroffen waren, doppelstöckig weitergeführt. Unten verlief der Vorgebirgskanal, und darüber die Wasserleitung aus der Eifel. In Hürth-Hermühlheim wurde 1962 ein Stück dieser Doppelleitung gefunden und rekonstruiert. Über fast zehn Kilometer führte die Hochleitung zu den Toren Kölns. Am Neumarkt, ungefähr da, wo heute die Apostelkirche steht, erreichte sie die damaligen Stadtmauern. Aufgrund einer Verwechslung blieb an dieser Stelle ein einzelner Bogen der Eifelwasserleitung mit seinen zwei Pfeilern bis ins siebzehnte Jahrhundert erhalten: Die am Boden liegende Rinne war durch Steinplatten abgedeckt - darum hielten die Kölner das allein stehende, kurze Ruinenstück im Mittelalter für den Sarkophag des heiligen Marsilius.