Die Hochwasserkatastrophe vom 14./15. Juli 2021


Tagelange Unwetter, verbunden mit stundenlangem Starkregen über der Eifel mit Regenmengen von über 160 Litern/m² führten bei uns in Sötenich in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 innerhalb weniger Stunden zu einer Überflutung der gesamten Ortsmitte, mit zahlreichen vollgelaufenen Häusern, Wohnungen und Kellern.

Durch den damit verbundenen, über viele Stunden andauernden Stromausfall, fielen eingesetzte Abwasser-Pumpen aus. Gleiches traf auch das gesamte Telefon- und Mobilfunknetz.

Infolge der enormen Wucht der gewaltigen Wassermassen der über die Ufer getretenen Urft, die in kurzer Zeit zu einem reißendem Strom mit einer bisher noch nie dagewesenen Wasserhöhe anschwoll, wurden zahlreiche Häuser und Einrichtungen, insbesondere in unmittelbarer Urftbach-Nähe teilweise erheblich beschädigt.

Pkws, Container, Tanks, Wohnwagen und dergleichen wurden von der starken Strömung erfasst und weggeschwemmt, zahlreiche Bäume, Beleuchtungs- und Fahnenmasten wie Streichhölzer abgeknickt.

Von der Infrastruktur der Bahnlinie Köln-Trier blieb im Ortsbereich nur ein Trümmerfeld zurück  - sowie entlang des gesamten Urfttals.

Insbesondere in der Sötenicher Ortsmitte blieb eine Stein-, Schlamm- und Geröllwüste zurück. So wurde z.B. auch unser frisch renoviertes Bürgerhaus am Dorfplatz stark in Mitleidenschaft gezogen und deshalb zwischenzeitlich abgerissen. Der hintere Teil des Anbaus wurde durch die starke Strömung weitgehend völlig zerstört.

Erste Aufräumungsarbeiten wurden von den Sötenichern selbst und insbesondere von unserer Dorfjugend geleistet, die tagelang ohne Pause im Einsatz war, um Schlamm, Unrat, Trümmer und dergleichen zu beseitigen und im ganzen Ort  tatkräftig dort mit anpackten, wo Hilfe bei den Betroffenen dringend benötigt wurde!


Die Hochwasser-Situation am Golbacher Weg am 14. Juli 2021. Fotos: G. May, Video: Sebastian Jung


Den Ausblick aus der Vogelperspektive am Morgen nach der schlimmen Hochwassernacht

hat Werner Schneider in einem eindrucksvollen Video aufgezeichnet. Auch wenn der Höchststand der Wassermassen zu diesem Zeitpunkt bereits vorbei war, ist das Ausmaß der Jahrhundert-Flut in Sötenich doch eindeutig und gut dargestellt.


Ortsvorsteher Thomas Müller wandte sich nach den schlimmen Ereignissen an Einwohner und Betroffene:

Liebe Sötenicherinnen und Sötenicher.

Rückblickend möchte ich die schlimmen Ereignisse der Flutkatastrophe, deren Auswirkungen uns noch lange Zeit beschäftigen werden, ein wenig Revue passieren lassen.

In meiner noch jungen Amtszeit als Ortsvorsteher für unseren wunderschönen Ort habe ich gedacht, dass es nach Corona nichts Schlimmeres passieren kann, da wir seit ca. zwei Jahren unser gewohntes Leben einschränken, um einer weltweiten Pandemie entgegenzutreten. Doch mit der dramatischen Nacht vom 14. Juli 2021 hat anhaltender Starkregen und das daraus resultierende Hochwasser unserem Ort und auch einer großen Region gezeigt, welche Gewalt Wasser besitzt.

Ich möchte kurz schildern, wie ich diese Ereignisse erlebt habe.

Gegen ca. 18 Uhr hatte ich eine private Nachricht erhalten, dass die sonst eher kleine Urft in einem zügigen Maße ansteigt. Da unser Bürgerhaus grade erst renoviert wurde, habe ich den Bürgerverein informiert und wir haben versucht die Bürgerhalle abzusichern - im Nachhinein betrachtet vergebene Mühe. Aus einem Bauchgefühl heraus habe ich meine Frau aus einer Besprechung in Urft nach Hause bestellt, da mir nicht wohl zu Mute war. Doch was zeigt mir dieses Handeln: Mit diesem Ausmaß konnte niemand rechnen und hat uns sicherlich alle überrascht.

Nachdem man von da an zuschauen konnte, wie die Urft nach und nach immer weiter stieg, war mir abends/nachts klar, der nächste Tag wird uns ein Ausmaß zeigen, was wir bis dato vermutlich noch nie erlebt haben. Ich habe bis 00:30 Uhr mir einen letzten Überblick verschafft und bin morgens um 5 Uhr wieder in den Ort und ich muss ehrlich sein, ich war von dem, was die Flut angerichtet hat in vielen Teilen des Ortes erstarrt. Diese Zerstörung war hemmend, beklemmend und noch nicht zu realisieren.

Doch nach dieser Schockstarre, Tränen und Stille hat sich in unserem Ort etwas entwickelt, worauf ich einfach unglaublich stolz bin und eine riesengroße Dankbarkeit verspüre. Die Solidarität, Hilfsbereitschaft und damit verbundene Dynamik und Gemeinschaft war für mich persönlich hochemotional. Die Nachbarschaftshilfe, Familienhilfe und Dorfgemeinschaft hat einfach angepackt und bis über die Belastungsgrenze hinaus 10 Tag lang unseren Ort aufgeräumt und es wurde sich an allen Ecken und Enden gegenseitig unterstützt. Wir haben auch über die Ortsgrenzen hinausgeschaut und auch hier mit angepackt, denn in einer solchen Situation kann ich nur sagen - jeder hat da angepackt wo er nur konnte! Egal ob Verpflegung, mentale Unterstützung oder auch einfach die eigene körperliche Kraft sowie Gerätestellung für das Aufräumen - jeder hat seinen Beitrag geleistet – DANKE!

 

DANKE an euch ALLE, egal wo ihr geholfen habt und wie ihr geholfen habt - ich bin einfach nur stolz und gerührt von diesem Zusammenhalt und dieser Hilfsbereitschaft! Wenn man bedenkt, dass zu gewissen Zeiten nur im Ortskern weit über 100 Menschen zum Helfen unterwegs waren, macht mich sprachlos!

 

Ich möchte diese Zeilen auch nutzen, um den Landwirten und Firmen zu danken, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass Sötenich einigermaßen optimistisch in die Zukunft schauen kann.

 

Vielen Dank der Firma Backes für den großen Radlader, der uns bei den schweren Aufräumungsarbeiten einiges erspart hat. Vielen Dank an die Firma Natur-Breitegger, die ohne Aufforderung die Müllmassen mit aus unserem Ort geschaffen haben. Genau dies gilt auch für die Firma M. Hilgers!

 

Die Landwirte Dahmen aus Keldenich und Schmitz aus Wahlen, Daniel Virnich mit seinem Radlader sowie den Landwirten Reibold aus Berg. Auch die Firma Schönmackers hat uns eine Müllpresse zur Verfügung gestellt, wodurch wir einfach immer weiter aufräumen konnten.

 

Hier möchte ich aber auch die Verpflegung nicht vergessen, denn ohne unseren Rückzugsort Unter 2 Linden, hätten wir die Eindrücke nicht gemeinsam verarbeiten können und ich glaube den Helferinnen und Helfern, aber auch Betroffenen tat dieser Ort in der schweren Zeit einfach gut. Auch hier gilt nochmal ein expliziter Dank an die Metzgerei Hammes mit dem Inhaber Christian Wynands, die uns trotz starker Betroffenheit täglich mit Essen verpflegt haben - DANKE!

 

Danke vor allem auch an unseren Bauhof und hier auch explizit Florian Marx und Andre Kaudel, die besonnen und mit Rat uns zur Seite standen. Ihr habt das einfach klasse gemacht !

 

Zu guter Letzt möchte ich all denen Danken, die beherzt eingegriffen haben und somit persönliche Schäden weitgehend verhindert haben – Danke!

Nun möchte ich mich aber auch ein paar Worte an die Betroffenen richten. Ich hoffe Ihr/Sie habt wieder den Mut und die Kraft positiv in die Zukunft zu schauen. Ihr/Sie könnt mich jederzeit kontaktieren und ich versuche im Rahmen meiner Möglichkeiten euch/Sie zu unterstützen.

Ich hoffe die Solidarität und Hilfsbereitschaft im Ort und darüber hinaus hilft euch/Ihnen wieder nach vorne zu schauen, denn ich bin mir sicher - die Hilfsbereitschaft wird es auch weiterhin geben.

 

Unter den Betroffenen zähle ich auch Teile unserer Vereine. Jeder, der durch den Ort fährt, sieht, was diese Flut auch in großen Teilen mit unserem Vereinsleben angestellt hat. Auch hier heißt es nun, wie auch in den Coronazeiten zusammenstehen und für unsere Vereinsvielfalt zu kämpfen. Auch hier biete ich meine Hilfe an, denn die Dorfgemeinschaft - und dazu zählen die Ortsvereine im Wesentlichen - hat gezeigt, was wir gemeinsam auf die Beine stellen können. Ich möchte hier an unser Lied erinnern, denn seit mehr als 1000 Jahren ist Sötenich ungeschlagen... Ja, das Hochwasser hat uns hart getroffen, aber ich weiß wir stehen gemeinsam wieder auf!

 

Mit Blick in die Zukunft: Es wird/muss Präventionen gegen Starkregen und Hochwasser in unserem Ort geben und ich bin davon überzeugt, dass wir auch ein Bürgerhaus wieder besitzen werden und hier gemeinsam lachen und Zeit verbringen können.

 

Ich bitte Betroffene sich weiterhin zu melden und ich stehe mit Rat und Tat an eurer/Ihrer Seite.

Des Weiteren: Nachdem ich die erste Erschöpfung hinter mir gelassen habe, möchte ich mit euch/Ihnen allen gemeinsam an der Zukunft für unseren Ort arbeiten!

 

Ihr Ortsvorsteher, Thomas Müller